
Frankfurt im Mittelalter: Eine Zeitreise zu Kaisern, Kaufleuten und Konflikten
Frankfurt am Main blickt auf eine reiche mittelalterliche Geschichte zurück, die weit über die heutige Finanzmetropole hinausgeht. Entdecke, wie aus einer fränkischen Furt eine bedeutende Kaiserpfalz und später eine pulsierende Reichsstadt wurde, die das politische und wirtschaftliche Herz des Heiligen Römischen Reiches bildete. Von den ersten Siedlungsspuren über prägende Kaiserwahlen bis hin zu den Herausforderungen des Stadtlebens – tauche ein in die faszinierende Welt von Frankfurt im Mittelalter.
Frankfurt am Main – heute Synonym für glitzernde Wolkenkratzer, internationale Banken und eine pulsierende Metropole. Doch stell dir vor, du könntest die Zeit zurückdrehen, Hunderte von Jahren in die Vergangenheit reisen. Was würdest du sehen? Eine Stadt, die sich auf den ersten Blick kaum wiedererkennen lässt, und doch den Grundstein für das heutige Frankfurt legte. Wir tauchen ein in die faszinierende Welt von Frankfurt im Mittelalter, eine Epoche, die geprägt war von fränkischen Königen, römischen Spuren, blühendem Handel und dramatischen Wendungen. Es ist die Geschichte einer Stadt, die aus einer einfachen Furt zu einem der wichtigsten Zentren des Heiligen Römischen Reiches aufstieg. Begleite uns auf dieser spannenden Entdeckungsreise durch eine Zeit, in der das Leben hart, aber auch unglaublich dynamisch war und die Mainmetropole zu dem machte, was sie heute ist.
Key Facts zu Frankfurt im Mittelalter
- Erste urkundliche Erwähnung: Im Jahr 794 wird „Franconofurd“ erstmals in einer Schenkungsurkunde Karls des Großen erwähnt, der hier auch eine bedeutende Synode abhielt.
- Strategische Lage: Der Domhügel war bereits um 6.000 v. Chr. besiedelt und lag an einer wichtigen Mainfurt, die dem Ort seinen Namen gab („Furt der Franken“).
- Kaiserpfalz und Wahlstadt: Unter Ludwig dem Frommen entstand eine prächtige Kaiserpfalz. Ab 1152 wurde Frankfurt zur ständigen Wahlstadt der deutschen Könige, was 1356 durch die Goldene Bulle offiziell bestätigt wurde.
- Wirtschaftlicher Aufschwung: Im 12. Jahrhundert erlebte Frankfurt unter den Staufern einen enormen Aufschwung und erhielt wichtige Privilegien wie Markt, Mauer (Staufenmauer), Mainbrücke, Münze und Messe.
- Messestadt von Rang: Kaiser Friedrich II. bestätigte 1240 das Privileg der Herbstmesse. 1330 kam die Frühjahrsmesse hinzu, was Frankfurt zu einem kontinentalen Handelszentrum machte.
- Reichsstadtstatus: Ab 1245 war Frankfurt eine unmittelbare Reichsstadt, die direkt dem Kaiser unterstand und eine hohe Autonomie genoss.
- Die Judengasse: Im Spätmittelalter entstand hier eines der ältesten und bedeutendsten jüdischen Ghettos Europas, das bis ins 18. Jahrhundert Bestand hatte.
- Bevölkerungswachstum: Mitte des 14. Jahrhunderts zählte die Stadt bereits rund 10.000 Einwohner, eine beachtliche Zahl für die damalige Zeit.
Von der fränkischen Furt zur Kaiserpfalz
Die Geschichte von Frankfurt im Mittelalter beginnt weit vor der ersten urkundlichen Erwähnung. Schon in der Jungsteinzeit, vor etwa 8.000 Jahren, war der strategisch günstig gelegene Domhügel besiedelt. Später hinterließen die Römer ihre Spuren, bauten Militärstationen und zivile Siedlungen, deren Fundamente wir noch heute im Archäologischen Garten bestaunen können. Doch die eigentliche Geburtsstunde Frankfurts schlug, als germanische Stämme, die Alamannen und später die Franken, das Rhein-Main-Gebiet übernahmen. Es waren die Franken, die dem Ort seinen Namen gaben: „Franconofurd“ – die Furt der Franken.
Im Jahr 794 trat Frankfurt dann ins Rampenlicht der europäischen Geschichte. Karl der Große, der mächtigste Herrscher seiner Zeit, berief hier eine bedeutende Synode ein, bei der wichtige theologische und politische Fragen des Reiches verhandelt wurden. Diese erste urkundliche Erwähnung war der Startschuss für Frankfurts Aufstieg. Karls Sohn, Ludwig der Fromme, machte Frankfurt zu seinem bevorzugten Wohnsitz und ließ eine beeindruckende Kaiserpfalz errichten, die um 822 fertiggestellt wurde. Stell dir vor, wie hier Könige und Kaiser residierten, wichtige Entscheidungen trafen und das Schicksal eines ganzen Reiches mitbestimmten. Die Überreste dieser Pfalz sind heute als Kaiserpfalz Franconofurd museal zugänglich und lassen erahnen, welche Bedeutung der Ort schon früh hatte. Wer mehr über die frühe Geschichte dieses zentralen Ortes erfahren möchte, dem sei unser Beitrag über die Römerberg Geschichte ans Herz gelegt.
Frankfurts goldene Ära: Kaiserwahlen und Messestadt
Was Frankfurt im Mittelalter wirklich einzigartig machte, war seine Rolle als politisches Herzstück des Heiligen Römischen Reiches. Schon 855 erlebte die Stadt ihre erste Königswahl. Doch erst unter den Stauferkaisern im 12. Jahrhundert etablierte sich Frankfurt als ständiger Wahlort für die deutschen Könige. Der Höhepunkt dieser Entwicklung war die „Goldene Bulle“ Karls IV. im Jahr 1356, ein Reichsgrundgesetz, das Frankfurt offiziell zur Wahlstadt erklärte und die Bartholomäuskirche (heute Kaiserdom) zur feierlichen Zeremonienstätte bestimmte. Hier wurden über Jahrhunderte hinweg Könige gewählt und später auch gekrönt – ein Spektakel, das die Stadt in den Mittelpunkt Europas rückte.
Parallel zur politischen Bedeutung entwickelte sich Frankfurt zu einem blühenden Handelszentrum. Die günstige Lage an der Mainfurt war ideal für den Warenaustausch. Die Stadt erhielt wichtige Privilegien: einen Markt, eine Stadtmauer (die sogenannte Staufenmauer um 1180), eine Mainbrücke, eine eigene Münze und vor allem die Messe. Die Frankfurter Messen, insbesondere die Herbstmesse (erstmals 1240 urkundlich bestätigt) und später die Frühjahrsmesse (ab 1330), zogen Kaufleute aus ganz Europa an. Hier wurden Tuche, Gewürze, Luxusgüter und vieles mehr gehandelt. Die Stadt florierte, die Bevölkerung wuchs, und es entstand ein lebendiges städtisches Gemeinwesen. Das Rathaus, der Römer, wurde 1405 aus mehreren Bürgerhäusern zusammengefügt und diente auch als Lagerplatz für die Waren der Tuchhändler.
Alltag, Handel und die Schattenseiten des Mittelalters
Das mittelalterliche Frankfurt war ein Ort des Aufbruchs und des Wohlstands, aber auch des harten Alltags und sozialer Spannungen. Die Stadtmauern, die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder erweitert wurden (wie die Landwehr ab 1393), schützten die Bürger, aber auch sie waren nicht immer vor Konflikten gefeit. Die Kronberger Fehde im Jahr 1389, bei der die Frankfurter eine schwere militärische Niederlage erlitten, ist ein trauriges Beispiel dafür. Solche Ereignisse führten dazu, dass die Stadt ihre Verteidigungsstrategie überdachte und auf eine kluge Bündnispolitik setzte.
Ein besonderes Kapitel in der Geschichte von Frankfurt im Mittelalter ist die Existenz der Judengasse. Bereits im 14. Jahrhundert verpfändete Karl IV. das Judenregal an die Stadt, was die jüdischen Bewohner faktisch zu „Schutzjuden“ der Stadt machte. Mitte des 15. Jahrhunderts wurden die Juden dann gezwungen, in ein geschlossenes Ghetto am östlichen Stadtrand umzuziehen – die berühmte Frankfurter Judengasse. Dieses Ghetto war bis ins 18. Jahrhundert eine eigene Welt innerhalb der Stadt, mit eigenen Regeln und einer reichen Kultur, aber auch mit den Einschränkungen und Diskriminierungen, die das Leben im Ghetto mit sich brachte.
Das kulturelle Leben war ebenfalls vielfältig. Neben kirchlichen Festen und Prozessionen gab es im späten Mittelalter auch beeindruckende Passionsspiele, die alle paar Jahre aufgeführt wurden und die gesamte Stadtgesellschaft einbezogen. Diese Spiele waren ein großes öffentliches Ereignis, das die Leidensgeschichte Christi darstellte, aber leider auch oft antisemitische Elemente enthielt, die das negative Bild der jüdischen Bevölkerung in der damaligen Zeit verstärkten.
Wer heute noch einen Hauch dieser alten Zeiten schmecken möchte, findet in Frankfurt zahlreiche traditionelle Lokale. Das Apfelweinwirtschaft Atschel in Sachsenhausen oder das Gasthaus Zum Bären in Höchst servieren hessische Spezialitäten, die vielleicht nicht exakt mittelalterlich sind, aber definitiv eine lange Tradition haben und dich kulinarisch in die Vergangenheit entführen. Apropos Brücken: Die Alte Brücke war schon im Mittelalter ein zentraler Verkehrsweg. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel über den Eisernen Steg Frankfurt Geschichte, der auch die Bedeutung der Mainquerungen beleuchtet.
Fazit: Das Erbe des mittelalterlichen Frankfurt
Frankfurt im Mittelalter war eine Zeit des Wandels, des Wachstums und der Herausforderungen. Aus einer bescheidenen Furt entwickelte sich eine Stadt, die durch ihre strategische Lage, die Gunst der Kaiser und den Fleiß ihrer Kaufleute und Handwerker zu einem bedeutenden Zentrum des Heiligen Römischen Reiches aufstieg. Die Kaiserwahlen, die Messen, die beeindruckende Architektur – all das prägte das Bild einer Stadt, die schon damals eine europäische Bedeutung hatte.
Auch wenn die gläsernen Türme des heutigen Frankfurts die mittelalterlichen Fachwerkhäuser überragen, so ist das Erbe dieser Epoche doch allgegenwärtig. Der Dom, der Römer, die Spuren der alten Stadtmauern und die Geschichten, die sich um diese Orte ranken, erzählen von einer Zeit, in der Frankfurt seinen Charakter als weltoffene Handelsstadt und politisches Zentrum formte. Die Beschäftigung mit Frankfurt im Mittelalter hilft uns, die Wurzeln unserer modernen Metropole besser zu verstehen und die Kontinuität der Geschichte zu erkennen. Es ist eine faszinierende Reise, die zeigt, wie aus einer kleinen fränkischen Siedlung eine Stadt von Weltformat wurde, die bis heute ihren einzigartigen Charme bewahrt hat.
FAQ
Wann wurde Frankfurt erstmals urkundlich erwähnt?
Frankfurt am Main wurde im Jahr 794 in einer Schenkungsurkunde Karls des Großen erstmals urkundlich als „Franconofurd“ erwähnt. In diesem Jahr fand hier auch eine wichtige Synode statt.
Warum war Frankfurt eine wichtige Stadt im Mittelalter?
Frankfurt war aus mehreren Gründen wichtig: Es lag an einer strategisch bedeutsamen Mainfurt, wurde zur Kaiserpfalz unter Ludwig dem Frommen, stieg zur ständigen Wahlstadt der deutschen Könige auf und entwickelte sich durch seine Messen zu einem bedeutenden Handelszentrum in Europa.
Was war die Goldene Bulle für Frankfurt?
Die Goldene Bulle von 1356 war ein Reichsgrundgesetz, das die Rolle Frankfurts als ständige Wahlstadt der deutschen Könige offiziell festschrieb und die Bartholomäuskirche (Kaiserdom) als Zeremonienstätte bestimmte. Dies sicherte Frankfurts politische Bedeutung für Jahrhunderte.
Gab es im mittelalterlichen Frankfurt ein Ghetto?
Ja, im späten Mittelalter entstand in Frankfurt die Judengasse. Mitte des 15. Jahrhunderts wurden die jüdischen Bewohner gezwungen, in dieses geschlossene Ghetto am östlichen Stadtrand umzuziehen, das bis ins 18. Jahrhundert bestand.






